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Zusammenfassende Erfahrungen zum Budget für Arbeit

Alle bisherigen Erfahrungen zum Budget für Arbeit als Förderung zur Inklusion von Menschen mit Behinderungen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt haben deutlich gemacht, dass Erwartungen auf verschiedenen Ebenen nicht erfüllt wurden. Nichtsdestotrotz wird das Budget für Arbeit in Summe als geeignetes Mittel zur Förderung der Inklusion angesehen. Allerdings gelingt dies nur als Gemeinschaftsaufgabe.

Inklusion mit dem Budget für Arbeit durch einen ganzheitlichen Ansatz

Die bisherigen Erfahrungen mit dem Budget für Arbeit zeigen, dass die gesteckten Erwartungen und Ziele noch nicht erfüllt werden. Darüber hinaus lassen sich die einzelnen Fälle nicht nach Schema F abhandeln. Neben rechtlichen Hürden und solchen in der verwaltungsseitigen Umsetzung (inklusive Teilhabeplanung) gibt es an den verschiedenen Stellen der Beteiligten (Institutionen, WfbM, Arbeitgeber etc.) Informationsdefizite und teilweise auch rechtliche Fehlinterpretationen wie beispielsweise im Zusammenhang mit der vollen Erwerbsminderung. Dennoch stellt sich grundsätzlich eine Frage: Warum funktioniert es in einigen Regionen Deutschlands besser als in anderen? Darüber hinaus befassen sich die Projekte, deren Erkenntnisse sich auf das Budget für Arbeit auswirken, nicht allein mit dem Budget für Arbeit, sondern mit vielen angrenzenden Themenfeldern. Sowohl durch die Erkenntnisse beendeter und laufender Projekte wird schnell deutlich, dass es beim Budget für Arbeit um mehr als nur ein formelles Leistungsangebot zur Teilhabe am Arbeitsleben geht. Es geht um den gesamten Sozialraum einer Person und die damit verbundenen Faktoren. Insbesondere diejenigen, die sich auf die Teilhabe am Arbeitsleben auswirken. Hierzu zählen rechtliche Grundlagen, Alternativen zur WfbM, ein inklusiver Arbeitsmarkt, Netzwerke etc. Nicht vergessen werden darf dabei, dass es nicht nur um die reine Inhaltsebene geht, sondern auch um die Prozessebene, d.h. was ist das Budget für Arbeit und wie wird es umgesetzt.

Inklusion mit dem Budget für Arbeit orientiert sich am individuellen Bedarf

Trotz der gesetzlichen Rahmenbedingungen und den regionalen Voraussetzungen ist die Entscheidung, ob das Budget für Arbeit für die Inklusion von Menschen mit Behinderungen in einer spezifischen Situation die richtige Wahl ist, immer eine Einzelfallentscheidung. Die bisher durchgeführten Projekte und noch laufenden Vorhaben zeigen eine komplexe Handlungsstruktur und machen deutlich, dass verschiedene Entscheidungsträger an verschiedenen Stellen beteiligt sind. Die unterschiedlichen Wege zum Budget für Arbeit verdeutlichen diesen Sachverhalt. In der Summe ist das Budget für Arbeit ein geeignetes Mittel zur Förderung der Inklusion von Menschen mit Behinderungen. Ob und zu welchem Zeitpunkt es in Anspruch genommen wird bzw. werden kann, entscheidet sich an der individuellen Sachlage.

Vor dem Hintergrund einer gelungenen Übernahme auf den allgemeinen Arbeitsmarkt gibt es verschiedenen Rahmenbedingungen, die zum Gelingen beitragen können.

  • Ganzheitlicher Ansatz unter Berücksichtigung von theoretischen Rahmenbedingungen und wissenschaftlichen Erkenntnissen in Verbindung mit den realen Gegebenheiten einer individuellen Situation bzw. den regionalen Gegebenheiten (Reallaboransatz).
  • Motivation zum Übergang auf den allgemeinen Arbeitsmarkt. Für ein positives Ergebnis muss die Eingliederungsmotivation der verschiedenen Handlungspartner ineinandergreifen und dürfen sich nicht gegenseitig behindern.


Nicht bestritten werden soll, dass es auch hemmende Faktoren zum Budget für Arbeit gibt. Die Frage hierbei ist aber, handelt es sich um absolute oder relative Hemmnisse? Die Ergebnisse der vergangenen und laufenden Projekte sowie entsprechende Diskussionen zeigen sehr deutlich auf, dass viele der vermeintlichen Hemmnisse relativierbar sind.

Beispiele:

  • Informationsdefizite lassen sich durch geeignetes Informationsmaterial und Ansprache der jeweiligen Zielgruppe begegnen. Durch die Anbindung an ein bestehendes Netzwerk vergrößert sich der Effekt. FAQ können auch Zielgruppenspezifisch erstellt werden. Obwohl die Situation sich seit Einführung des Budgets für Arbeit gebessert hat, beispielsweise durch spezifische Projekte und Informationskampagnen, weisen die nachfolgenden Aussagen aus den geführten Interviews im Projekt BfA-Gelingt darauf hin, dass die Informationen noch nicht überall in ausreichendem Maße angekommen sind und es auch Zeit benötigt, bis diese aufgenommen und umgesetzt werden. Aussage eines Budgetnehmers: „Und da haben wir uns das eigentlich zusammen erarbeitet, also die Rentenversicherung und ich, weil die auch nicht wussten, was ich jetzt von denen will.“ (BN-04, Pos. 27) Aussage eines Experten: „Das Budget für Arbeit hätte integriert werden können. Aber da war damals unsere Werkstatt noch überhaupt nicht so weit (…) Die Kollegen hatten (…) keine Ahnung davon. Sie haben im Grunde ihr Geschäft so weitergemacht wie immer.“ (Exp-01, Pos. 32)
  • Fehlendes Wissen über Verwaltungsprozesse, z.B. Antragsverfahren, ließe sich durch geeignete Formulare, Checklisten, Begleitschreiben etc. begegnen. Es gibt viele positive Beispiele aus der Verwaltung die nach dem Prinzip funktionieren: Füllen Sie Formular X aus und bringen die Unterlagen wie in Anlage Y beschrieben mit bzw. legen diese dem Formular bei. Beispielsweise ist dieser Ansatz auf der Homepage des LWV-Hessen genutzt worden. Kurz und knapp werden Fragen zum Budget für Arbeit beantwortet, zur Voraussetzung, zu Kontaktstellen/-personen, welche Formulare etc. Allerdings ist die Aufklärung über einen Verwaltungsprozess nur die halbe Wahrheit. Denn gerade, wenn alle Informationen bereitliegen stellen sich Beteiligte u.a. die Frage, warum Genehmigungsprozesse dann so lange dauern. „Von der Antragsstellung bis zur Genehmigung zwischen fünf und sieben Monate. Da muss aber keiner ins Feld rausgehen vom Bezirk. Da gibt es einen Antrag, der da eingereicht wird mit allen Unterlagen. Alles ist schon organisiert. Und dann dauert das so lange.“ (Exp-35, Pos. 20) Mit dieser Aussage spiegelt die interviewte Person jedoch lediglich den Durchschnitt wider. Die Spannbreite reicht gemäß der Befragungsergebnisse aus der Wirkungsprognose von null bis 36 Monate. Folglich ist es auch erforderlich an der Effizienz von Verwaltungsprozessen zu arbeiten.
  • Altersvorsorge: Das Thema Rentenberatung wird im Rahmen des Budgets für Arbeit viel diskutiert. Doch in welchem Ausmaß das Thema Rente ein Hemmnis sein kann, hängt vom individuellen Fall ab. Das Alter und die Lebensphase in der man sich befindet spielt hierbei ebenso eine Rolle wie das individuelle Streben auf den allgemeinen Arbeitsmarkt. Es ist folglich weder K.O.-Kriterium noch irrelevant. Jemand in gehobenem Alter der beispielsweise schon seit vielen Jahren in einer WfbM arbeitet blickt ganz anders auf das Thema Rente wie jemand, der in jungen Jahren ganz am Anfang seiner beruflichen Orientierung steht. Im Bedarfsfall ist eine Rentenberatung also sinnvoll. In sehr wenigen Bundesländern ist sie sogar Pflicht.

Fazit: Die Nähe zum Menschen und Arbeitsmarkt machen den Unterschied!

Erfolgreiche Fälle von Teilhabe am Arbeitsleben und insbesondere Inklusion von Menschen mit Behinderungen haben eines offen gelegt, die Nähe machts. Die Nähe zu wichtigen Informationen zu Fördermöglichkeiten wie beispielsweise dem Budget für Arbeit sowie der Nähe der Begleitung von allen Beteiligten während des Prozesses. Der Paradigmenwechsel hin zu einer personenzentrierten Förderung beschreibt diesen Sachverhalt recht gut. Gleichzeitig geht es aber nicht nur um die Nähe zur unterstützenden Person, sondern auch ganz besonders die Nähe zum Arbeitsmarkt. Einrichtungen, die bereits sehr eng mit Betrieben vernetzt sind, kennen die Bedürfnisse von Arbeitgebern und umgekehrt kennen die Arbeitgeber die Möglichkeiten von kooperierenden Einrichtungen. Beide Seiten wissen, welche Erwartungen sie haben können und sind realistisch. Sie wissen wo personalisierte Unterstützung hilfreich ist und wo nicht. Darüber hinaus wissen sie, dass gut aufgebaute Strukturen ebenfalls einen Förderfaktor darstellen. Beispielsweise eine klare Struktur hinsichtlich eines Förderantrags zum Budget für Arbeit, d.h. was muss ich wie bei wem wann ausfüllen und abgeben etc., können hilfreich sein. Wobei wir wieder bei der Nähe zur Informations- und Faktenlage sind. In diesem Zusammenhang braucht es selbstverständlich konkrete Ansprechpartner und im Bedarfsfall auch eine zentrale Stelle, einen "Kümmerer", die den Prozess am Laufen hält. Gerade bei möglichen Rückschlägen ist die passende Unterstützung wichtig. Unternehmen können beispielsweise durch die richtige Unterstützung feststellen, dass es in ihrem Unternehmen andere oder weitere Tätigkeiten für Menschen mit Behinderung gibt, an die sie vorher nie gedacht haben (Stichwort: Jobcarving). Und Menschen mit Behinderung brauchen ebenfalls Rückhalt bei Rückschlägen, um den Mut nicht zu verlieren und sich ggf. in einem anderen Tätigkeitsfeld zu versuchen. Inbesondere wenn bei der Teilhabe am Arbeitsleben nach Nischen in der Arbeitswelt gesucht wird, hilft es den Blick von festen Berufen hin zu Tätigkeiten zu wechseln. Sprich, hin zur Nähe am Arbeitsmarkt. Ein formeller Berufsabschluss hilft selbstverständlich. 

Auf den Weg zum Budget für Arbeit und allgemeinen Arbeitsmarkt ausgerichtete Maßnahmen in den Einrichtungen sind gut aufgestellt, wenn sie einen ganzheitlichen Ansatz verfolgen, die Ausgangslage, den Weg und das Ziel ganzheitlich im Auge behalten und alle Beteiligten mit eingebunden sind. 

All diese Aspekte zeigen, dass die Nähe zueinander, zum Prozess der Teilhabe am Arbeitsleben ganz nah am Geschehen des allgemeinen Arbeitsmarktes ist. Ganz im Sinne aller Beteiligten.  

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