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Inklusion findet im Sozialraum statt

Der Weg auf den allgemeinen Arbeitsmarkt mit dem Budget für Arbeit findet nicht allein beim Unternehmen in Verbindung mit den Budgetnehmenden statt, sondern hat viele soziale Anknüpfungspunkte. Menschen mit Behinderungen, die sich für diesen Weg des Budgets für Arbeit entscheiden haben verschiedene soziale Bereiche, in denen sie und beteiligte Partner und Wegbegleiter handeln und entscheiden, dem Sozialraum.

Sozialraum als Handlungsrahmen für die Unterstützung bei der Inklusion

In der sozialen Arbeit spielt die Betrachtung des sozialen Raums und den gegebenen Strukturen und Beziehungen eine wichtige Rolle. Integrationskräfte der WfbM müssen den Sozialraum ihrer Klienten kennen und verstehen, um eine angemessene Unterstützung bei der Suche nach Arbeitsplätzen leisten zu können. Das bezieht sowohl das Agieren ihrer Klienten als auch deren Beziehungen in ihrem Sozialraum mit ein. Die Erstellung subjektiver Landkarten hat das Ziel: „Die Kompetenz, das Innere eines Menschen gemeinsam mit ihm zu erkunden und zu erfassen, stärkenorientiert zu beschreiben und in Handlungen münden zu lassen, welche eine selbstbestimmte Lebensgestaltung ermöglichen, aber nicht als überfordernd erlebt werden.“(Kahl/Gundlach, 2021) Neben der Lebenswelt im räumlichen Sinn täglicher Aktion spielen biografische Erfahrungen und Werte als auch individuelle Fähigkeiten und Erwartungen eine wichtige Rolle für den selbstbestimmten Übergang auf den ersten Arbeitsmarkt. Subjektive Landkarten werden zur Abbildung von persönlichen Stärken, Potentialen und persönlichen Lebenszielen herangezogen und als „Ausgangspunkt für Lernprozesse – vor dem Hintergrund der eigenen Biographie, verwoben mit der eigenen Entwicklung und verbunden mit ganz konkreten Sozialräumen“ (Kirsch-Soriano da Silva/Bilalic, 2021) genutzt. „Ein Sozialraum ist ein Wohnquartier, eine räumliche Einheit, über die Menschen sagen: Da leben wir, kennen uns aus, fühlen wir uns wohl, da leben ein paar Leute, die können wir nicht leiden, und ein paar, die können wir gut leiden. Da wohnen wir, streiten wir uns, kennen die Nachbarn, gehen wir einkaufen“ (Hinte, 2002). Die Erstellung subjektiver Landkarten kann den persönlichen Sozialraum anhand der persönlichen Beziehungen als auch in der sozialräumlichen Verortung der Person abbilden. Die Erstellung von subjektiven Landkarten von und mit Menschen mit Behinderung, die an einem Übergang auf den allgemeinen Arbeitsmarkt interessiert sind, dient somit der Analyse ihrer Teilhabekompetenzen für den Übergang, ihren Interessen, Fähigkeiten und Stärken. Teilnehmende stellen ihre sozialräumlichen Beziehungen in Anlehnung an die Teilhabebereiche (Stöppler, 2017) dar.

Grafik Systemstruktur und Lebenswelt haben Einfluss auf das Gelingen eines Budgets für Arbeit

Was ist der Sozialraum?

Der Begriff „Sozialraum“ bezieht sich auf den physischen Raum und sozialen Kontext, in welchem Menschen leben, arbeiten und interagieren. Sozialräume können sich auf verschiedene Ebenen beziehen und umfassen zum Beispiel die lokale Gemeinschaft, die Stadt, die Region oder Organisationen/Institutionen wie Werkstätten für Menschen mit Behinderung. In Bezug auf die Gestaltung von Übergängen von Menschen mit Behinderung auf den ersten Arbeitsmarkt spielt das Netzwerk im Sozialraum der Werkstatt für Menschen mit Behinderung eine wichtige Rolle. Eine WfbM ist somit als Ort der Rehabilitation, als Ort der Förderung und Vorbereitung von Menschen mit Behinderung auf den allgemeinen Arbeitsmarkt (Vgl. Werkstättenverordnung) als Sozialraum zu betrachten. „Eine sozialräumliche Perspektive verändert eine soziale Organisation grundsätzlich. Die Umstellung verlangt auf allen Organisationsebenen neue Strukturen, neue Regeln, neue Methoden und ein neues professionelles Selbstverständnis. Leitbild, Organisationsaufbau, Arbeitsmethodik, Kommunikationsregeln und Fortbildung sind sozialräumlich zu konzipieren.“ (Früchtel, Cyprian et al. 2013 S.120) Die analytische Betrachtung dieser Netzwerkstruktur und Identifikation von Gelingensbedingungen im Kontext der Gestaltung von Übergängen kann dabei helfen, Ressourcen im Übergangsmanagement in der WfbM zu erkennen, Innovationspotentiale zu heben und Aspekte einer gelingenden Kooperation bei der Gestaltung des Übergangsmanagements einzugehen. Früchtel, Cyprian et al. halten fest, dass Organisationen ihre Zugangswege zu und von den Klienten nicht nur kritisch überprüfen müssen, sondern die Adressaten dabei angemessen zu beteiligen sollte. (Früchtel, Cyprian et al. 2013 S. 121) Handlungsleitend für die Gestaltung einer sozialräumliche Netzwerkanalyse sollte es sein: „Die Kompetenz, sich für die (Um-) Gestaltung des Äußeren einzusetzen, dessen Relevanz für die Chancen der einzelnen Person anzuerkennen und in Folge an der Öffnung von Teilhaberäumen mitzuwirken und diese voranzutreiben.“ (Kahl, Gundlach 2021)

Sozialraum und seine Verbindung zum Budget für Arbeit

Der Begriff des Sozialraumes hat an sich bereits einen hohen Stellenwert, wenn es darum geht eine Ausgangslage konkret zu beschreiben als auch Möglichkeiten für die Inklusion zu bestimmen. Sozialräumliche Orientierung bezeichnet beim Übergang von Menschen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt einen ganzheitlichen Ansatz, der von Werkstätten (und anderen Leistungsanbietern) auf verschiedenen Ebenen angestoßen werden kann, um die Integration von Menschen mit Behinderung zu fördern und zu erleichtern. Dabei geht es um die Einbindung und Nutzung gegebener Strukturen der (handelnden) Organisation und den Ressourcen im sozialen Umfeld der zu integrierenden Person(en).

Berücksichtigt man in diesem Zusammenhang noch, dass das Budget für Arbeit bei den Trägern der Eingliederungshilfe angesiedelt ist, so kommt man um den Bezug zum Sozialraum nicht herum. Für die Eingliederungshilfe ist der Sozialraum bereits ein gesetzlich verankertes Grundprinzip, welches durch das Bundesteilhabegesetz und in dessen Folge im SGB IX festgeschrieben steht.

Beispiele:

  • Leistungsberechtigte sind im Rahmen sozialer Teilhabe zu einer möglichst selbstbestimmten und eigenverantwortlichen Lebensführung im eigenen Wohnraum sowie in ihrem Sozialraum zu befähigen. (§76 Abs. 1 Satz 2 SGB IX, §113 Abs. 1 Satz 2 SGB IX)
  • „Die Träger der Eingliederungshilfe haben im Rahmen ihrer Leistungsverpflichtung eine personenzentrierte Leistung für Leistungsberechtigte unabhängig vom Ort der Leistungserbringung sicherzustellen“ (§95 SGB IX)
  • Unterstützung durch die Länder: „Die Länder haben auf flächendeckende, bedarfsdeckende, am Sozialraum orientierte und inklusiv ausgerichtete Angebote von Leistungsanbietern hinzuwirken und unterstützen die Träger der Eingliederungshilfe bei der Umsetzung ihres Sicherstellungsauftrages.“ (§94 Abs. 3 SGB IX)
  • Anforderungen an Fachkräfte der Eingliederungshilfe: Umfassende Kenntnisse über den regionalen Sozialraum und seine Möglichkeiten (§97 Abs. 2 SGB IX).
  • „Die Leistungen der Eingliederungshilfe bestimmen sich nach der Besonderheit des Einzelfalles, insbesondere nach der Art des Bedarfes, den persönlichen Verhältnissen, dem Sozialraum und den eigenen Kräften und Mitteln.“ (§104 Abs. 1 SGB IX)
  • Anforderung an Beratung und Unterstützung der Eingliederungshilfe: Hinweise auf Leistungsanbieter und andere Hilfsmöglichkeiten im Sozialraum und auf Möglichkeiten zur Leistungserbringung sowie Hinweise auf andere Beratungsangebote im Sozialraum (§106 Abs. 2 Satz 5f. SGB IX).
  • Das Gesamtplanverfahren ist u.a. sozialraumorientiert (§117 Abs. 1 Satz 3 SGB IX).
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