Herausforderungen beim Übergang auf den allgemeinen Arbeitsmarkt
Die Umsetzung der UN-BRK in nationales Recht zeigt, dass eine passgenaue rechtliche Ausformung auf der einen Seite Zeit benötigt und auf der anderen Seite erst die praktische Umsetzung offenlegt, wie gut die rechtliche Struktur aufgebaut ist. Dabei treten unterschiedliche Denk- bzw. Herangehensweisen in einen Wettstreit: Eigenverantwortung vs. Sozialverantwortung.
Ein Beispiel zum Budget für Arbeit:
In §61 Absatz 5 SGB IX heißt es: „Eine Verpflichtung des Leistungsträgers, Leistungen zur Beschäftigung bei privaten oder öffentlichen Arbeitgebern zu ermöglichen, besteht nicht.“
Durch diesen Zusatz wird deutlich, dass die rechtliche Grundlage keine „Rundum sorglos“ Lösung bereitstellt, sondern auch die Menschen mit Behinderung und dessen Angehörige bzw. Betreuer*innen eine Selbstverantwortung auferlegt, sich um einen geeigneten Arbeitsplatz zu kümmern.
Hinzu kommt noch eine andere Herausforderung: Die Umsetzung der UN-BRK in nationales Recht hat gezeigt, dass zum einen unterschiedliche Gesetzesänderungen betroffen sind und zum anderen der sich über Jahrzehnte gefestigte Formalismus und die verankerten Verwaltungsstrukturen in diesem Rahmen mit einer personenzentrierten Versorgung konfrontiert sind. Die verwaltungsorientierten Versorgungsstrukturen mit ihren je eigenen Zuständigkeitsbereichen müssen harmonisiert werden, ansonsten sitzen die Menschen mit Behinderung mit ihren Ansprüchen zwischen den Stühlen und werden von A nach B und wieder zurückgeschickt. Die Notwendigkeit der Abstimmung zwischen verschiedenen Trägern und deren Leistungen und Zuständigkeiten wird hierbei offensichtlich. Ein reflexhafter Verweis auf die Eingliederungshilfe ist beispielsweise unangemessen, weil der Bedarf von einer Person ausgeht und Leistungen an diesem ausgerichtet sein sollten. Ein Mensch mit Behinderungen und spezifischen Beeinträchtigungen hat möglicherweise einen erhöhten Vermittlungsbedarf, was eigentlich eine besondere Aufgabe der Bundesagentur für Arbeit ist (§187 Abs. 1 SGB IX). Ein planvolles Vorgehen ist im Rahmen der Teilhabe- und Gesamtplanverfahren rechtlich verankert. Lesen Sie hierzu auch den Abschnitt Teilhabeplanung im Bereich des Bundesteilhabegesetzes.
Ob und in welcher Weise Kritik an der juristischen Ausformung getätigt wird, hängt folglich sehr stark von der Perspektive ab, die bei dieser Thematik eingenommen wird. Gleichwohl stützen sich alle Beteiligten auf die gleiche Rechtsgrundlage, weshalb Kritik an der rechtlichen Ausformung insbesondere auch eine Kritik an der praktischen Umsetzung ist. Beispiele im Zusammenhang mit dem BfA sind:
- Fehlende Versicherungspflicht in der Arbeitslosenversicherung (§28 Nr. 2, SGB III), wodurch inklusionsfördernde Maßnahmen gehemmt und unterbunden werden. Die Gesetzesbegründung spricht von „dauerhaft voll erwerbsgeminderten Menschen“, was jedoch keine Voraussetzung für WfbM-Leistungen bzw. das Budget für Arbeit ist. Aufgrund einer fehlenden Arbeitslosenversicherung sind Menschen mit Behinderung bei Beendigung eines Beschäftigungsverhältnisses mit dem BfA gezwungen zurück in die WfbM zu gehen, ob sie dort vorher waren oder nicht, oder sofort wieder eine neue Arbeitsstelle zu finden.
- Mindestmaß an wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung als Leistungsvoraussetzung. Hierdurch werden Menschen mit Behinderungen und einem besonders hohem Unterstützungsbedarf ausgegrenzt.
- Unklarheiten bzgl. der Rechtslage zur Kombination verschiedener Lohn-/Eingliederungszuschüssen (z.B. Eingliederungszuschuss gem. §90 SGB III).