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Neue Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben

Die gesetzlichen Leistungsansprüche gegen Sozialleistungsträger in Deutschland unterliegen mit dem Bundesteilhabegesetz einem Transformationsprozess: Von der institutionszentrierten Versorgung zur personenzentrierten Versorgung. Das Leistungsangebot muss diesem Paradigmenwechsel als auch den Ansprüchen der Förderung von Menschen mit Behinderungen bei der gesellschaftlichen Teilhabe Im Sinne der UN-BRK nachkommen.

Warum neue Leistungen?

Bei neuen Leistungen oder Angeboten stellt sich die Frage, warum sie erforderlich sind? Haben die bestehenden Maßnahmen nicht ausgereicht? Pauschal lässt sich diese Frage nicht beantworten, weil sowohl das Leistungsangebot selbst als auch dessen praktische Anwendung Ursache sein können, warum neue Leistungen hinzukommen. Darüber hinaus sind auch die strukturellen Rahmenbedingungen zu berücksichtigen.

Die hier thematisierten neuen Leistungen und die damit einhergehenden rechtlichen Anpassungen sind jedoch aus eindeutigen Gründen entstanden. Deutschland ist seinen Verpflichtungen aus Artikel 27 der UN-BRK bisher nicht ausreichend nachgekommen. Menschen mit Behinderungen sind auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt stark benachteiligt. Die Teilhabe am Arbeitsleben erfolgt meist nur in besonderen Einrichtungen. Hinzu kommt, dass der Übergang auf den Ersten Arbeitsmarkt beispielsweise aus WfbM bisher nicht zufriedenstellend ist.

Welche neuen Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben?

Um den Verpflichtungen aus Artikel 27 UN-BRK in angemessener Form nachzukommen und damit Teilhabe am Arbeitsleben nicht nur in besonderen Einrichtungen erfolgt sowie Menschen mit Behinderungen am Arbeitsmarkt nicht weiterhin stark benachteiligt werden, bedarf es neuer Ansätze und Angebote.

Die im SGB IX hinterlegten neuen Leistungen sind im Zusammenhang mit der Reformierung des SGB IX entstanden. Neben der inhaltlichen Ausgestaltung sind die Leistungen auch vor ihrem zeitlichen Kontext zu betrachten. Beispielsweise ist das BfA eine nachgelagerte Leistung, d.h. andere Leistungen wie Qualifizierungs- Weiterbildungs- und Ausbildungsmaßnahmen können vorausgegangen sein. Diese nachgelagerte Struktur ist nachvollziehbar, da für die im Rahmen des BfA relevante Tätigkeit eine fachliche Eignung vorliegen muss. Dieser Aspekt spiegelt sich auch in den verschiedenen Zugangswegen zum BfA wider.

Die neuen Leistungen im Überblick:

Budget für Arbeit (§61 SGB IX)

Das Budget für Arbeit ist eine Unterstützung für den Übergang in den ersten Arbeitsmarkt für Menschen mit Behinderungen. Von dieser Hilfe profitieren die Betroffenen selbst, durch die Finanzierung von wegen der Behinderung erforderliche Anleitung und Begleitung am Arbeitsplatz und die Arbeitgeber, durch einen Lohnkostenzuschuss. Voraussetzung für das Budget für Arbeit ist die Leistungsberechtigung für den Arbeitsbereich WfbM, das tatsächliche Durchlaufen des Arbeitsbereichs jedoch nicht. Leistungen aus dem Eingangsverfahren oder dem Berufsbildungsbereich einer WfbM können auch auf anderen Wegen erbracht und damit entsprechende Kenntnisse erworben werden. Vor diesem Hintergrund ist der Weg ins Budget für Arbeit auf verschiedenen Wegen möglich, nicht allein über eine WfbM. Lesen Sie hierzu mehr im Abschnitt Wege ins BfA.

Die Eckpunkte des Budgets für Arbeit:

  • Träger für das Budget für Arbeit sind die Stellen der Eingliederungshilfe, welche in den Bundesländern unterschiedlich organisiert sind. Nähere Informationen zu den bundeslandspezifischen Trägern und Ansprechpartnern finden Sie im Abschnitt über die länderspezifischen Regelungen
  • Lohnkostenzuschuss an den Arbeitgeber zum Ausgleich der Leistungsminderung des Beschäftigten und die Aufwendungen für die wegen der Behinderung erforderliche Anleitung und Begleitung am Arbeitsplatz. Der Lohnkostenzuschuss beträgt bis zu 75 Prozent des vom Arbeitgeber regelmäßig gezahlten Arbeitsentgelts. Dauer und Umfang der Leistungen bestimmen sich nach den Umständen des Einzelfalles. Durch Landesrecht kann von dem Prozentsatz der Bezugsgröße abgewichen werden. Die Aufwendungen für die Anleitung und Begleitung können ebenfalls je nach Bundesland voneinander abweichen. Weitere Angaben zu den länderspezifischen Ausgangslagen finden Sie im Bereich für länderspezifische Regelungen.
    Die am Arbeitsplatz wegen der Behinderung erforderliche Anleitung und Begleitung kann von mehreren Leistungsberechtigten gemeinsam in Anspruch genommen werden. Auch ist die Anleitung und Begleitung nicht abhängig vom Behinderungsgrad.
    Hinsichtlich der Leistungserbringung ist zu beachten, dass der Gesetzgeber die Agentur für Arbeit und Rentenversicherung nicht explizit als zuständig erklärt, dies dürfe aber nicht den Eindruck erwecken, dass sie gänzlich unzuständig wären.
  • Ein Lohnkostenzuschuss ist ausgeschlossen, wenn zu vermuten ist, dass der Arbeitgeber die Beendigung eines anderen Beschäftigungsverhältnisses veranlasst hat, um durch die ersatzweise Einstellung eines Menschen mit Behinderungen den Lohnkostenzuschuss zu erhalten.
  • Eine Verpflichtung des Leistungsträgers, Leistungen zur Beschäftigung bei privaten oder öffentlichen Arbeitgebern zu ermöglichen, besteht nicht.
  • Trotz Arbeitsvertrag und Arbeitnehmerstatus haben Menschen mit Behinderung bei Inanspruchnahme des Budgets für Arbeit ein uneingeschränktes Rückkehrrecht in eine WfbM (§220 Abs.3, SGB IX).

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Andere Leistungsanbieter (§60 SGB IX)

Die mit dem Bundesteilhabegesetz neu hervorgebrachten sogenannten anderen Leistungsanbietern wurden als Alternative zur WfbM geschaffen. Menschen mit Behinderungen haben durch neue Leistungsanbieter eine größere Wahlmöglichkeit, wenn es um Beschäftigung und berufliche Bildung geht. Sie können entsprechende Leistungen nun auch bei anderen Anbietern durchführen.

Budget für Ausbildung (§61a SGB IX)

Das Budget für Ausbildung ist ebenso wie das Budget für Arbeit eine Unterstützung für den Übergang in den ersten Arbeitsmarkt. Es kann dem BfA sogar vorausgehen. Ziel ist die Erlangung eines anerkannten Qualifizierungsabschlusses, um die Chancen für den Weg und Verbleib auf dem ersten Arbeitsmarkt zu erhöhen. Gleichzeitig bietet das Budget für Ausbildung eine Alternative zum Berufsbildungsbereich einer WfbM und stärkt auf diese Weise das Wunsch- und Wahlrecht von Menschen mit Behinderungen. Träger ist die Bundesagentur für Arbeit.

Das Budget für Ausbildung kann von Menschen mit Behinderungen genutzt werden, wenn sie Anspruch auf Leistungen im Eingangsverfahren und Berufsbildungsbereich haben. Ebenfalls wird ein sozialversicherungspflichtiges Ausbildungsverhältnis bei einem privaten oder öffentlichen Arbeitgeber in einem anerkannten Ausbildungsberuf benötigt. Ein Ausbildungsgang nach §66 des Berufsbildungsgesetzes (BBiG) oder §42r der Handwerksordnung (HwO)sind auch möglich.

Das Budget für Ausbildung im Überblick

  • "Erstattung der angemessenen Ausbildungsvergütung einschließlich des Anteils des Arbeitgebers am Gesamtsozialversicherungsbeitrag und des Beitrags zur Unfallversicherung […],
  • die Aufwendungen für die wegen der Behinderung erforderliche Anleitung und Begleitung am Ausbildungsplatz und in der Berufsschule sowie
  • die erforderlichen Fahrkosten.“ (§61a Abs. 2 SGB IX)
  • Die Leistungsdauer wird solange gewährt, wie es erforderlich ist. Längstens aber bis zum erfolgreichen Abschluss der Ausbildung.
  • Trotz Inanspruchnahme des Budgets für Ausbildung haben Menschen mit Behinderung ein uneingeschränktes Rückkehrrecht in eine WfbM (§220 Abs.3, SGB IX).

Ab dem 1. Januar 2022 sollen auch Beschäftigte aus dem Arbeitsbereich einer WfbM die Möglichkeit erhalten, ein Budget für Ausbildung in Anspruch zu nehmen.
Die bisherigen Erfahrungen mit dem Budget für Ausbildung fallen ähnlich durchwachsen aus, wie die beim Budget für Arbeit. Beispielsweise wird auch in diesem Zusammenhang bei rechtlichen Begründungen auf die volle Erwerbsminderung Bezug genommen, obwohl sie im Paragraphen zum Budget für Ausbildung nicht benannt wird. Ein Kernproblem ist auch die enge Verbindung zwischen Schulabschluss und Teilhabe am Arbeitsleben. Das Hemmnis für Menschen mit Behinderungen wird besonders deutlich, wenn einem bewusst wird, dass der überwiegende Teil der Personen mit sonderpädagogischem Förderbedarf Förderschulen besuchen. Viele der Schulabgänger haben keinen Hauptschulabschluss. Die Bedürfnisse der betroffenen Personen werden damit noch nicht voll entsprochen. Gleichwohl ist das Budget für Ausbildung ein Anfang und kann eine Chance für einen nachhaltigen Verbleib auf dem ersten Arbeitsmarkt bieten. Insbesondere wenn mögliche Leistungsketten beispielsweise mit dem Budget für Arbeit in Betracht gezogen werden.

Erfahrungen und Handlungsstrategien für ein positiven Verlauf (Gelingensbedingungen) vom Budge für Arbeit können auch beim Budget für Ausbildung helfen. Ebenso können auch die hier eingesetzten Methoden helfen (Sozialraumanalyse, Reallabor etc.). Lesen Sie hierzu mehr im Abschnitt über Gelingensbedingungen.

Diese neuen Leistungen werden neben der Möglichkeitserweiterung für berufliche Bildung und Teilhabe am Arbeitsleben auch das Wunsch- und Wahlrecht für eine selbstbestimmte Lebensführung stärken. All die neuen Leistungen können einen Platz auf dem ersten Arbeitsmarkt vorbereiten oder wie beispielsweise mit dem Budget für Arbeit direkt ermöglichen.

Auswirkungen neuer Gesetze auf die neuen Leistungen

Im Rahmen der Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes wurden nicht nur neue Leistungen geschaffen und das SGB IX reformiert, sondern es wurden bei der stufenweisen Reformierung auch neue Gesetze geschaffen, die Einfluss auf die im SGB IX entstanden Leistungen haben. Mittels dieser Gesetze werden integrationsfördernde Anpassungen in anderen Gesetzen ausgelöst. Die stetige Optimierung der Gesetzeslage ist mit Blick auf die Teilhabe am Arbeitsleben von Menschen mit Behinderungen und deren Weg auf den allgemeinen Arbeitsmarkt auch eine Optimierung der rechtlichen Rahmenbedingungen als Gelingensfaktor für Inklusion.

Angehörigen-Entlastungsgesetz

  • Einführung des Budgets für Ausbildung (§61a SGB IX) zum 1.1.2020.


Entwurf Teilhabestärkungsgesetz: 

  • Erweiterung der förderberechtigen Personen beim Budget für Ausbildung. Der §61a SGB IX soll dahingehend ergänzt werden, dass auch Menschen mit Behinderung gefördert werden, die sich schon im Arbeitsbereich einer WfbM oder eines anderen Leistungsanbieters befinden.
  • Einführung einheitlicher Ansprechpartner für Arbeitgeber (§185a SGB IX), Trägerunabhängiger Lotse für Arbeitgeber informiert, berät und unterstützt (z.B. bei Anträgen), fachlich qualifiziertes Personal und regionaler Vernetznug.
  • Partielle Aufhebung des Verbots für Agenturen für Arbeit und Jobcenter Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben zu erbringen (im Sinne sozialintegrativer Leistungen), sofern nicht bereits gleichartige Leistungen durch andere Rehabilitationsträger erbracht wer-den (§22 Abs. 2 SGB III).


Gesetz für einen Inklusiven Arbeitsmarkt

Aktuell sind Menschen mit Behinderung am Arbeitsmarkt in Deutschland noch stark benachteiligt und auch die Übergangsförderung aus den WfbM ist noch nicht zufriedenstellend. Um diesem Sachverhalt entgegenzuwirken, wurde ein Gesetz zur Förderung eines inklusiven Arbeitsmarktes in den politischen Gremien beschlossen (6.6.2023)
Neben den bereits eingeführten (neuen) Leistungen (BfA, BfAus, a. Leistungsanbieter) sollen mit dem Gesetz folgende Elemente/Verbesserungen verankert werden:

  • Die Deckelung des Lohnkostenzuschusses (40 % der monatlichen Bezugsgröße) beim Budget für Arbeit wurde abgeschafft. Hierdurch soll gewehrleistet werden, dass auch im Falle einer Anhebung des Mindestlohns der maximale Lohnkostenzuschuss gewährt werden kann.
  • Mittels des Ausgleichsfonds werden Leistungen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt begrenzt
  • Es wird eine Genehmigungsfiktion für Arbeitsassistenzen bei der Unterstützen Beschäftigung eingeführt (Genehmigungsfiktion Definition: §42a VwVfG)
  • Ein Anspruch auf stufenweise Wiedereingliederung wird eingeführt.
  • Änderungen beim Ärztl. Sachverständigenbeirat bei der Versorgungsmedizin Verordnung (VersMedV) sollen umgesetzt werden.


Schwerbehinderten-Ausgleichsabgabenverordnung (SchwbAV)

  • Die Integrationsämter haben mit ihren Mitteln u.a. „Leistungen zur Deckung eines Teils der Aufwendungen für ein Budget für Arbeit oder für ein Budget für Ausbildung“ zu nutzen (SchwbAV §14 Abs. 1 S. 6).


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